Montag, 7. Mai 2012

Christliche Magie und Ahnenkult

Am Wochenende war ich in Münster auf einem Sippentreffen (alles Holzäpfel inkl. PartnerInnen). Ein Programmpunkt dort war der Besuch der Ausstellung im Landesmuseum Münster "Die goldene Pracht". Dort sind auch viele sakrale Gegenstände ausgestellt, die mich doch irgendwie sehr an magische Fetische und Amulette erinnert haben: Eine Goldkrone, in der Dornen von der Dornenkrone Christi mit eingebracht sein sollen, goldene Büsten mit eingearbeiteten Knochen von "Heiligen", Arme aus Gold und Silber, in denen sich ebenfalls "heilige Knochen" befinden sollen und sogar Schädelkalotten (auch von "Heiligen"), die mit Gold und Edelsteinen zu sogenannten Reliquiaren umgewandelt worden waren. Da diese Gegenstände ja dazu dienen, den Gläubigen die Kraft der "Heiligen" nahe zu bringen, vermischt sich hier zum einen die klassische Ahnenverehrung mit dem Glauben an magische Kraftgegenstände, also sozusagen "christliche Magie".  Etwas Ähnliches ist mir im Zusammenhang mit der kubanischen Religion Palo Maymobe begegnet, bei der u.a. auch Totenschädel genutzt werden, um die Kraft der Verstorbenen zu nutzen und mit ihnen zu kommunizieren.

 Reliquiar mit Schädelkalotte


sogenannte Prenda der Palo Mayombe Religion



Interessant fand ich auch die Schreine, die mich irgendwie an thailändische oder balinesische Geisterhäuschen erinnert haben, wobei die "christlichen Geisterhäuschen" doch wieder mehr der "Ahnenverehrung" dienen und daher im magischen Sinne doch eher "Behausungen" für Totengeister sind und weniger für Ortsgeister.

Marienschrein


 Thailändisches Geisterhäuschen




In einem Raum fand sich auch eine Marienstatue mit Kind. Bei dieser Figur befand sich auf der rechten Brust ein blauer Edelstein (leider konnte ich von diesem Reliquiar keine Abbildung finden). Aus der Beschreibung konnte ich entnehmen, dass unter diesem Edelstein ebenfalls in einem kleinen Fach eine Reliquie untergebracht worden war, die sogenannte Liebfrauenmilch (also die Muttermilch der "heiligen Maria"). Ich wurde bei dieser Figur ganz fatal an afrikanische Fetische erinnert, bei denen die "magische Medizin" (Knochen, Mineralien, Pflanzenteile, etc.) ebenfall an bestimmten Körperstellen eingebracht und anschließend mit einem Spiegelglas verschlossen wird. Ob da wohl der Glaube diverse afrikanische Kulturen die Menschen im Mittelalter beeinflusst hat oder standen sich die Weltbilder der sogenannten "Naturvölker" und der Menschen im mittelalterlichen Europa einfach nur näher?